Die Legende vom Wehrhaften Schmied von Aachen
In der Jakobstraße auf Höhe der Klappergasse steht vor dem ehemaligen Kloster der „Schwestern vom armen Kinde Jesus“, von den Aachenern kurz „Et Kind Jesu Kloster“ genannt, das Denkmal für den Wehrhaften Schmied von Aachen. Es wurde im Auftrag des „Verschönerungsvereins“ vom Aachener Bildhauer Carl Burger geschaffen und 1909 enthüllt. Der wehrhafte Schmied ist Sinnbild für die Eigenständigkeit der Stadt und das Selbstbewusstsein ihrer Bürger.
Bis 1800 stand dort ein Denkmal, das im Jahr 1280 errichtet worden war, um an den gewaltsamen Tod des Grafen von Jülich zu erinnern. 1278 hatte Graf Wilhelm IV. von Jülich die Freie Reichsstadt Aachen überfallen, um sie und ihre Bürger zu unterwerfen. Er und alle seine Mitstreiter wurden bei diesem Versuch getötet:
In der Nacht auf den St. Gertruds-Tag im Jahre 1278, also der Nacht vom 16. auf den 17. März, ritt der Graf Wilhelm von Jülich mit zweien seiner Söhne und 469 schwer bewaffneten Rittern in Aachen ein, um die Freie Reichsstadt und ihre Bürger im Handstreich zu unterwerfen.
Das Schlagen der Hufe und Schnauben der Rösser, das Geklirr der Waffen und Rüstungen schallte durch die Straßen. Die Sturmglocken läuteten. In wenigen Minuten wütete auf dem Markt ein erbitterter Kampf.
Viele tapfere Bürger sanken von den gewaltigen Schwerthieben der Ritter zu Tode getroffen dahin, aber mit jedem Augenblick wuchs auch der Mut zum Widerstand und immer neue Scharen strömten hinzu.
Bald schon waren die angrenzenden Straßen mit Ketten abgesperrt, um den Feinden die Flucht unmöglich zu machen. Greise, Frauen und Kinder warfen aus den Fenstern und von den Dächern Balken und Steine.
Wilhelm und seine Mannen wussten, dass der Plan misslungen war und dass jeder Versuch, standzuhalten, für sie alle den sicheren Tod bedeutete. Der Graf und seine Söhne hofften, sich einen letzten Fluchtweg durch die Jakobstraße frei zu schlagen.
Da stellte sich ihnen auf der Höhe des Weißfrauen-Klosters ein hühnenhafter Kerl, ein Grobschmied aus der Schmiedstraße, in den Weg und schlug wortlos mit einer langen Eisenstange zuerst den Grafen Wilhelm von Jülich und dann seine Söhne von den Pferden, die am Boden liegend von den Aachenern getötet wurden. Auch von den Rittern und Kriegsknechten blieb nicht einer verschont.
Raubrittertum war Teil der Machtpolitik der Jülicher Grafen. Kriegerische Unternehmungen, finanzielle Mittel und Heiraten wurden je nach Lage zur Erweiterung des Einflussbereiches eingesetzt.
Der unerwartete Tod Wilhelms IV. in Aachen mag auch einen drohenden Krieg zwischen der Grafschaft und den Kölner Erzbischöfen verhindert haben. Am 20. September 1280 kam es vermittelt vom Kölner Erzbischof auf Schloss Schönau bei Aachen zum sogenannten Sühnevertrag.
Aachen musste ein hohes Sühnegeld an die Grafenwitwe Richarda zahlen und vier Sühne-Altäre für die Seelenruhe der Erschlagenen errichten. Die Stadt blieb aber reichsunmittelbar, also keinem Fürsten, sondern allein dem Kaiser direkt unterstellt.
Dort, wo Graf Wilhelm der Große mit seinen Söhnen den Tod fand, wurde ein Mahnmal errichtet, das schon bald in ruinösem Zustand war und um dessen Erhalt die Aachener sich nicht weiter scherten.
1705 forderte man von der Stadt dessen Wiederherstellung ein. Die legte Kopien des Friedensvertrages von 1280 vor und verwies darauf, dass ihr damals weder die Errichtung, noch die Unterhaltung eines Mahnmals aufgegeben worden war.
frei nach: D. Kottmann, 2002; nach: Joseph Müller, Aachens Sagen und Legenden, Aachen 1858; zur wissenschaftlichen Darstellung: s. T.R. Kraus, Jülich, Aachen und das Reich. Stud. zur Entstehung der Landesherrschaft der Gf.en v. Jülich, 1987, S. 137 ff.